Räumung ist nicht gleich Evakuierung!

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Regelmäßig Übung bringt Sicherheit!
#Räumungsübung 11.01.2021

Die Nutzer eines Gebäudes verlassen sich darauf, dass im Ernstfall alle Sicherheitsmaßnahmen nicht nur einwandfrei funktionieren, sondern auch, dass alle Personen unverletzt und ungefährdet aus dem Gebäude geleitet werden. Selbst bei klar strukturierten und leicht überschaubaren Gebäuden und Einrichtungen, erfordert dies eine besondere Qualität der Planung.

Neben einem funktionierenden Brandschutzkonzept sollte jedes Unternehmen daher auch über ein funktionierendes Notfall- und Sicherheitskonzept, in dem auch die Maßnahmen für eine sichere Gebäudeevakuierung beschrieben sind, verfügen. Gerade in Gebäuden in denen sich eine größere Anzahl von ortsunkundigen, kranken, alten oder in einer anderen Art beeinträchtige Personen aufhalten, ist eine ausreichende Anzahl an gut ausgebildeten Evakuierungshelfern notwendig.

Begriffserklärung - Evakuierung und Räumung

Die Räumung oder Evakuierung von Gebäuden ist eine der wichtigsten Maßnahmen für die Rettung der Gebäudenutzer in Risikosituationen, wie z.B. im Brandfall, einer Explosion, einem Überfall oder bei Einsturzgefahr.

Im Alltag werden die beiden Begriffe Evakuierung und Räumung oft als Synonym verwendet, in der Fachsprache sind sie aber eindeutig differenziert.

Für unterschiedliche Gefahrensituationen gibt es unterschiedliche Räumungsabläufe.
Es empfiehlt sich das Objekt in unterschiedliche Räumungsbereiche zu unterteilen. Dabei sind die Bereiche so einzuteilen, dass jeder Räumungsbereich innerhalb von 2-3 Minuten von einem Räumungshelfer kontrolliert werden kann. Ein Räumungs-/Evakuierungsablauf wird unter anderem auch davon abhängig gemacht, wie viel Zeit zur Verfügung steht.

Alle Entscheidungen und Maßnahmen während der Räumung sind durch einen Vorgesetzten oder einem Fachkoordinator zu dokumentieren – nach Möglichkeit unmittelbar, ansonsten jedoch zeitnah nach der Abarbeitung des Ereignisses.

Gesamt- oder Teilräumung?

Nicht immer ist eine vollständige Evakuierung/Räumung des Gebäudes sinnvoll bzw. nötig. In Abhängigkeit von der Art, Größe und Nutzung des Gebäudes kann es zu einer Teil- oder Gesamträumung kommen.

Gesamträumung

Eine Gesamträumung wird vorgenommen, wenn alle Bereiche eines Gebäudes betroffen sind oder noch betroffen werden könnten. In mehrstöckigen Gebäuden, wie z.B. einem Hochhaus muss in einem Brandfall das betroffene Geschoss, sowie die darüber- und darunterliegenden Geschosse geräumt werden. Die Personen werden in einem Hochhaus von der Feuerwehr alarmiert und zum Verlassen des Gebäudes aufgefordert.

Teilräumung

Zu einer Teilräumung kann es kommen, wenn nur Teilbereiche eines Gebäudes von der Gefährdung betroffen sind. Diese Art Räumung bietet sich aber nur dann an, wenn aufgrund der Brandabschnittsbildung und der Führung der Rettungswege eine Gefährdung der nicht vom Brand betroffenen Bereiche nicht zu erwarten ist.

Bei einer Räumung unterscheidet man zwischen der horizontalen Räumung und der vertikalen Räumung.

Befinden sich auf einem Geschoss mehrere Brandabschnitte, wird als Erstmaßnahme meist eine horizontale Räumung durchgeführt. Dabei werden die Personen aus dem betroffenen Brandabschnitt in einen angrenzenden Brand- bzw. Räumungsabschnitt im gleichen Geschoss verlegt. Die hierfür erforderlichen horizontalen Rettungswege, Rangierflächen und Flächen für die Aufnahme der Betroffenen dürfen nicht mit anderen Gegenständen/Einrichtungen verstellt sein. Die Entscheidung über weitergehende Räumungsmaßnahmen (vertikale Räumung, Räumung des gesamten Gebäudes) erfolgt grundsätzlich in Abstimmung mit der Feuerwehr.
In der zweiten Phase wird auch der Brandabschnitt, der sich im nächsthöher gelegenen Geschoss befindet, „horizontal“ geräumt.
Gerade eine Räumung in Krankenhäusern, Seniorenheimen und sonstigen Pflegeeinrichtungen stellt das Personal und die externen Einsatzkräfte von Feuerwehr und Rettungsdienst vor besondere Herausforderungen. Wenn möglich, wird in solchen Einrichtungen zunächst eine horizontale Räumung durchgeführt.

Von einer vertikalen Räumung spricht man, wenn das Geschoss nicht in mehrere Brandabschnitte unterteilt ist oder sich das Schadenfeuer über den bereits betroffenen Brandabschnitt hinaus ausweitet. Die Personen werden in die darunterliegende Brandabschnitte oder in ein anderes Gebäude verlegt.
Bei der vertikalen Räumung dürfen grundsätzlich keine Aufzüge benutzt werden, da diese infolge eines Kurzschlusses der Energieversorgung stehen bleiben können. Ebenso wirkt der Aufzugsschacht wie ein Kamin und kann komplett verrauchen.
In Ausnahmefällen und nach sorgfältiger Abwägung können durch die Einsatzleitung Aufzüge zum Zwecke der Räumung freigegeben werden. Diese Freigabe muss explizit bekannt gegeben werden und kann nur von der Einsatzleitung erfolgen.

Eine Räumungsübung ist Pflicht!

Nach der Arbeitsstättenverordnung ist jeder Arbeitgeber verpflichtet in regelmäßigen Abständen (1-2-mal jährlich), anhand des Notfalls- und Sicherheitskonzeptes und mit Hilfe der ausgehängten Flucht- und Rettungsplänen eine Evakuierung/Gebäuderäumung zu üben. Eine Hilfestellung zur Umsetzung einer solchen Übung kann dabei die VDI-Richtlinie 4062 ,,Evakuierung“ bieten.
Hierbei sollten folgende Personen beteiligt sein:

  • Geschäftsführung

  • Brandschutzbeauftragter

  • Personen mit Aufgaben bei der Gebäuderäumung (Etagenbeauftragter, Räumungs- und Brandschutzhelfer, Sammelplatzleiter)

  • Sonstige anwesenden Personen (z.B. Mitarbeiter, Kunden, Besucher)

  • Übungsbeobachter

Zur Planung einer Räumungsübung empfiehlt es sich zunächst ein Szenario z.B. ein Brandfall zu wählen. Externe Fachkräfte, die im Gebäude z.B. an Aufzügen und am Sammelplatz positioniert werden, um die Vorgehensweise genau zu beobachten, sind dabei hilfreich. Die Verantwortung einer Evakuierung/Räumung liegt immer bei der Geschäftsführung oder einem Stellvertreter, die vom Sicherheits-/ und Brandschutzbeauftragte unterstützt werden.

Nach der Übung sollte es mit allen Beteiligten, die während der Übung eine Aufgabe hatten, eine kritische und ausführliche Nachbesprechung und Auswertung (auch Manöverkritik genannt) geben.

Hierbei sollte der Ablauf der Evakuierungsübung kritisch beurteilt werden, um damit mögliche Fehler bzw. Verbesserungsvorschläge für die nächste Übung aufzeigen zu können.

Auch die Mitarbeiter ohne weitere Aufgaben sollten über das Fehlverhalten informiert werden.

Typische Fehler sind:

Hektisches Verhalten

Nutzung von Aufzügen oder Rolltreppen

Der Verbleib am Arbeitsplatz

Einsammeln vermeidlich wichtiger Dinge

„Retten“ des eigenen PKWs aus der Tiefgarage

Nicht aufsuchen des Sammelplatzes bzw. das unerlaubte Verlassen des Betriebsgeländes

Eine regelmäßige Räumungsübung bringt Sicherheit für alle!